ART-BOX

Heinz Schmöller

Camouflage

Heinz Schmöller in der ART-BOX im Dialog mit Michael Flatau

Die ersten Reaktionen des Betrachter auf Heinz Schmöllers ambivalente Arbeit „Camouflage“, die Objekte mit einer Filmprojektion zu einer Rauminstallation kombiniert und in die sich der Betrachter hineinbegeben muss, sind ganz offensichtlich Irritation und Paradoxie.

Beim Eintreten in die art-box wird der Betrachter Teil einer Installation, die vielfältige Fragen aufwirft. Was hat es mit den überlebensgroßen Pilzen in den charakteristischen militärischen Tarnfarben und einem an einem Kleiderständer hängenden moosgrünen Tarnanzug auf sich? Und in welchem Bezug dazu steht der auf eine Wand projizierte Videofilm und Kameraschwenk einer Waldlandschaft, die den Betrachter ununterbrochen zu umkreisen scheint?

Die Situation ist höchst befremdlich. Aber je näher man sich mit der Installation beschäftigt, umso eindeutiger entdeckt man mehr und mehr Indizien für Künstlichkeit und Konstruiertheit. Der Betrachter blickt auf eine leicht in Linksrichtung wegschwenkende Waldszenerie mit verschiedensten dicht beieinander stehenden Tieren. Die Szene, ein Videoloop, wiederholt sich permanent. Unter den Tieren sind sowohl heimische als auch in unserer Region bereitsausgestorbene Tierarten (Bär, Wolf). Das Bild einer unberührten, heilen Welt scheint auf, deren angenehm heimelige Atmosphäre durch die Geräuschkulisse (Vogelstimmen) noch unterstrichen wird.

In diesem Szenario gibt es allerdings einen Störfaktor: Zwischen den Bäumen erscheint (sporadisch) eine in ein grünes Fell gehüllte menschliche Gestalt! Diese rätselhafte Figur bleibt dem Betrachter aufgrund der vollständigen Verhüllung durch einen Tarnanzug mit Gesichtsmaske zwar fremd, aber sie mag ihn an einen Tierfilmer (der Tiere imitiert um sich ihnen in der freien Natur zu nähern) erinnern. Parallelen stellen sich aber auch zu Sicherheitsanzügen ein, wie sie beispielsweise Forscher im Laboratorium zum Schutz vor gefährlichen Substanzen tragen.

In der Installation gibt es Aspekte, die auf eine Bedrohung hinweisen und die Gefahren signalisieren. Das Bild einer heilen Welt bekommt somit Risse. Der Schein trügt und bei näherem Hinsehen erkennt der Betrachter die Ästhetik einer Computersimulation. Und so entpuppt sich die vermeintliche Originalität des Videobildes als ein perfekt inszeniertes Trugbild, das auf elektronische Überarbeitung am Computer beruht. Die verschiedenen Tierarten beispielsweise hat Heinz Schmöller elektronisch in eine Waldszenerie einkopiert, die er im Naherholungsgebiet „Dresdner Staatsforst“ aufgenommen hat.

Schmöllers Arbeit ist an der Grenze von phantastischer  Fiktion und Wirklichkeit angesiedelt. Reale und imaginierte Welten durchdringen sich hier gegenseitig. Die Natur ist nicht mehr Teil einer ehemaligen Einheit Mensch/Natur, sondern bis in den letzten Winkel ausgekundetes Terrain des Wissenschaftlers und Forschers. Die Natur ist einer totalen Vereinnahmung und Verwertung ausgesetzt und die verheerende Wirkung ihrer großflächigen Zerstörung zeichnet schon heute mit zunehmenden Naturkatastrophen ein „memento mori“ menschlicher Existenz.

Heinz Schmöller befragt die Wirklichkeit nach Identität und Identitätsverlust und verweist zudem auf ein aktuelles höchst brisantes Thema: das eklatante Missverhältnis zwischen dem Menschen, seiner Technologie und der Natur mit den bereits eingetretenen Folgen von Erderwärmung und Klimakatas­trophen. Der Künstler arbeitet mit surrealem Humor und hintergründigen Andeutungen. Indem er die Situation auf eine fast kriegerische Konfrontation zuspitzt (die Natur tarnt sich gegen den Menschen und umgekehrt) provoziert Heinz Schmöller Fragen um ein ernstes Thema.

Text: Andre Linhorst

Michael Flatau

All along the Heger Holz

Michael Flatau in der ART-BOX im Dialog mit Heinz Schmöller

Im direkten räumlichen Bezug zur Arbeit von Heinz Schmöller steht die Installation „All along the Heger Holz“ von Michael Flatau. Diese Arbeit bildet zugleich eine Klammer zu dem aktuell im Sommer 07 angelaufenen Projekt „Skulpturenlandschaft“ mit zahlreichen Außenraumprojekten. Der Künstler geht hier auf seine Rolle als Mitinitiator und Kurator des Projektes „Skulpturenlandschaft“ ein, indem er die Regenjacke und die derben Schuhe, die er während des Aufbaus der „Skulpturenlandschaft“ getragen hat, zum Kunstwerk erklärt. Diese Arbeitsutensilien sind samt einem Projektplan der „Skulpturenlandschaft“ in dem rechten Fach eines alten hölzernen Spindes untergebracht. In Flataus Installation klingt auch der Bezug zu dem aktuellen Kernkonzept des Künstlers an: die Beobachtung menschlicher Verhaltensweisen aus besonderen und zumeist versteckten Blickwinkel heraus. So beobachtet Flatau über mehrere Überwachungskameras (darunter Kameraattrappen) die Besucher der „Skulpturenlandschaft“ und wirft einen voyeuristischen Blick auf die Menschen, die in das Areal des Kunstprojektes eintreten. Doch auch der Besucher der Art-Box wird zum Voyeur, denn Michaels Flataus Überwachungsfilm kann er selbst nur durch eine kleine Belüftungsöffnung innerhalb der rechten Spindtür der Installation „All along the Heger Holz“ erspähen.

Text: Andre Lindhorst