Christine Hoffmann

Werbeplätze

Ein ungewohnter Klang begleitet eine Allee von alten Lindenbäumen. Werbende „Stimmen“, Botschaften aus der diesseitigen Welt der Ökonomie, eingemeißelt in sieben Steintafeln und vergoldet, säumen die Bäume nahe des hoch ansetzenden Astwerkes längs des Stammes. Versprechen von Güte und Mehrwert, von Ressourcen für den Einzelnen. Aussagen, denen ein Konsument beim Kauf von Produkten oder bei Vertragsabschlüssen täglich begegnet. Tonig-grüner Anröchter Dolomit, traditionell genutzt für Bildhauerarbeiten mit dauerhaftem Erinnerungswert, rhythmisiert den Weg.

Sieben Stationen begegnet der Betrachter auf seinem Weg durch die Allee. Sie lassen ihn Halt machen, verlangsamen die Schritte. Der Blick richtet sich nach oben um die Inschriften zu lesen und in ihrer Bedeutung zu erfassen. Hier weitet sich der Naturraum auf und erfährt mit den Tafeln eine atmosphärische Verdichtung. Die kurzen Sequenzen sprechen nicht Sichtbares an, vielmehr fordern sie zu einem Vergleich heraus. Als beinahe unmerkliche Zugaben führen sie eine Kommunikation an, die aus der Allee hinausführt. Das Hintereinander der redenden Tafeln trägt, einem „Klangraum“ ähnlich, zu ihrer wechselseitigen Verstärkung bei. Ein mehrstimmiger Austausch kommt zustande. Der Mensch ergänzt die Leere mit persönlichen Resonancen und geistigen Reflektionen.

„Garantie lebenslang“. Die Botschaft versichert uns materiellen Wert und Nachhaltigkeit in unbegrenzten Zeitspannen – wer kann das prüfen? Die Natur lebt andere Zeiträume, sie wird den Menschen überdauern. „Sonne downloaden“. Die Form unserer Wahrnehmung von Natur und Bild hat Veränderungen erfahren. Marketing, Werbestrategien sowie der Umgang mit den digitalen Medien durchziehen das Leben in den städtischen Zonen. Die Werbeslogans künden von Verfügbarkeit, Schnelligkeit und Mobilität. In die Natur transportiert, offenbart sich ihr doppelter Boden.

Christine Hoffmann arbeitet mit dem Gedächtnis von Mensch und Naturraum. Offene Strukturen, Zwischenräume kennzeichnen ihr Werk. Ein verhaltener und zugleich selbstbewußt auftretender Kommentar in sperriger Form sensibilisiert den Spaziergänger für neue gedankliche Räume, „unterwegs zuhause“ zwischen Parkhotel und Heger Holz.

Text: Nicola Assmann